Von Verena Eissner-Eissenstein | WIENER Ausgabe 361 - (Oktober 2011)
© Foto: Heiko Mandl |
Martin Gruber will hoch hinauf - vor allem am Dachstein. Hier entstehen gerade fünf neue Folgen für die ZDF/ORF-Serie "Die Bergwacht". Mit dem WIENER spricht der sportliche Schauspieler über seinen Ehrgeiz, gefährliche Situationen und sein Verständnis für Luxus. Ramsau am Dachstein. Ein mächtiges Massiv von rund 3.000 Metern Höhe. Schroffe Felsformationen, steile Schluchten und extremes Wetter. Das ist der Schauplatz der erfolgreichen ZDF/ORF-Serie "Die Bergwacht". Bis Ende November spielt Martin Gruber hier die Hauptrolle und darf Menschenleben retten. Der WIENER traf den sympathischen Münchner vor der spektakulären Kulisse zum Interview und begleitete ihn auf den Klettersteig. |
Du hast rund 12 Jahre Klettererfahrung. Waren die Dreharbeiten überhaupt eine Herausforderung für Dich? In jedem Fall. Wir müssen die Szenen ja immer wiederholen. Man sieht die Wand und weiß, dass man im Zuge der Drehtages noch 20 Mal rauf- und runterklettern wird. Das multipliziert sich im Laufes des Tages und irgendwann wirst du lahm.
Gibt es Situationen, in denen du Angst hast? Alles, was wir in den Bergen machen, ist ein bisschen mit Angst verbunden. Wenn die nicht vorhanden wäre, wäre man unvorsichtig. Mir bleibt keine andere Wahl als Augen zu und durch. Oft ist das beim Spielen ganz praktisch. Das ist der natürliche Motor der Szene.
Du hattest jetzt schon zweimal Glück beim Steinschlag... Wir waren am sogenannten Totenstein, eine kleine Wand, aber mit bröckeligem Gestein. Die echten Bergwachtmänner sichern, können aber nicht verhindern, dass ab und zu etwas runter fällt. Ich musste im Fels sitzen und auf meinen Einsatz warten. Auf einmal fliegt 30 Zentimeter neben mir ein Brocken runter. So einer Situation würde ich mich privat als Kletterer nie aussetzen.
Was war für dich bei den Dreharbeiten noch schlimm? Ganz am Anfang bei den ersten zwei Folgen mussten mein Kollege und ich ungesichert auf einer Plattform am Dachstein sitzen, wo es 900 Meter senkrecht nach unten geht. Das Sitzen war nicht so schlimm, aber es war eine sehr emotionale Szene und wir mussten aufstehen. Da hatte ich wirklich Angst.
Wie war die Szene mit dem Helikopter? An diesem 40 Meter langem Tau zu hängen und über den Dachstein zu fliegen, war das Beste, was ich je in meinem Leben gemacht habe. Das war wie bei einem Actionurlaub.
Was fällt Dir am schwersten? Die Belastungsgrenze ist bei mir noch nicht erreicht, weil es mir noch unheimlichen Spaß macht. Aber die Tage sind relativ lang. Wir sind 12 bis 14 Stunden unterwegs.
Bei welchen Szenen kam ein Double zum Einsatz? Ich mache fast alles selbst. Ein paarmal ging es sich zeittechnisch nicht aus. Wir haben nur achteinhalb Tage pro Folge.
Was hast du durch die Dreharbeiten gelernt? Auch wenn unten die Sonne scheint, nimm immer eine Jacke mit nach oben. Aber das wusste ich vorher auch schon. Was mich enorm beeindruckt, ist die mentale Einstellung der Bergwachtmenschen. Wir hatten letztes Jahr einen Vorfall am Set. Unser Regisseur ist mit einem Kamera-Kran kollidiert. Es hat ihn richtig böse erwischt. Die Retter vor Ort haben mit einer Übersicht und Ruhe gehandelt. Das kann man sich für das richtige Leben abgucken. Als Schauspieler hat man ja eher die Tendenz emotional zu reagieren.
Wie lange brauchst du zum Textlernen? Ich kann sie nicht eins zu eins so sprechen, weil die auf Hochdeutsch sind. Ich muss sie erst auf einen Akzent umformulieren. Meist sitze ich bis Mitternacht. Meine Vorbereitungszeit war extrem kurz. Ich habe die Drehbücher erst sieben Tage vor Drehbeginn bekommen.
Wieviel schläfst du? Unter der Woche fünf bis sechs Stunden. Am Wochenende 10.
Achtest du auf deine Ernährung? Ich sollte auf jeden Fall darauf achten. Ich liebe Essen. Ich bin ein Allesfresser. Ich bin wie bei den Flintstones das Teil, das unter der Spüle sitzt.
Wie viel hast du für die Rolle trainiert? Fünf Tage die Woche. Jeden Tag zwei Stunden. Mit Volker Schertl. Er hat mich speziell mit Wirbelsäulengymnastik und Core Training stabilisiert.
In der Ramsau trainieren viele Profisportler ... Ja. Ich dachte, ich kann vernünftig schwimmen, aber letzte Woche hat neben mir die japanische Triathlon-Mannschaft trainiert. Die sind klein drahtig und verdammt schnell. Sie fahren auch zum Langlaufen rauf auf den Gletscher. Das Höhentraining bewirkt offensichtlich etwas. Ich merke es immer, wenn ich nach den Dreharbeiten zurück in München bin. Auf einmal kann ich Fahrradfahren. Das ist herrlich.
Bist du ehrgeizig? Ja. Der Spruch "Von nichts kommt nichts", der hat schon was. Es gibt gottgegebenes Talent, aber um etwas zu erreichen, muss man hart arbeiten. Spreu vom Weizen trennt sich, wenn es hart auf hart kommt.
Wie wurdest du als Deutscher von den Steirern aufgenommen? Ich habe die Ramsauer als warmherzig und zuverlässig kennengelernt, wie es mir selten in einem Urlaubsort entgegengeschlagen ist. Keiner hat das Wort Piefke benutzt - noch nicht.
In der Serie ist ein blauer Mercedes-Bus dein Zuhause. Hast du schonmal in einem Auto gewohnt? Drin geschlafen habe ich zuletzt in Amerika. Ich bin mit einem 89 Lincoln Town Car von Florida nach Kalifornien gefahren. Den habe ich für 1.200 Dollar erstanden. Er war geschätzte sechs Meter lang, hinten alles in dunkelblauem Plüsch. Weil er so bequem war, habe ich mir keine Motels geleistet, sondern vier Nächte im Auto gepennt. Ansonsten bin ich eher ein Hotelmensch. Es muss nicht komfortabel sein, aber Hauptsache ein Bett.
Was ist Luxus für dich? Luxus nicht materieller Art ist für mich Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Materieller Luxus ist ein vernünftig fahrendes Auto und ein Dach über dem Kopf. Ich bin kein großer Luxus-Fan. Bei mir müssen die Sachen funktionieren.
Von Verena Eissner-Eissenstein | WIENER
Von Verena Eissner-Eissenstein | © Mit freundlicher Genehmigung vom WIENER. Vielen Dank an Frau Tam Thi-Ngoc Dang, dass ich das Interview hier veröffentlichen darf.